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Orte, die „gut tun“

Trauernde Angehörige werden wesentlich von ihrem Verlustschmerz geleitet und geführt, der je nach persönlicher Nähe zum Verstorbenen und der Trauerphase unterschiedlich stark ist. Verlustschmerz ist eine der stärksten menschlichen Emotionen und muss zugelassen werden, um die Trauer zu verarbeiten, um zu „heilen“. Man muss sich öffnen können, und das gelingt nur, wenn sich der Trauernde beschützt, umsorgt und wohlfühlen kann. Dann kann er sich öffnen und erinnern. Eine Grabstätte ist ein Ort des „Wohlfühlens“. Hier kann die emotionale Öffnung und damit auch das Erinnern zugelassen werden.

Erinnerungen werden von unseren Sinnen beeinflusst und hervorgerufen. In diesem Zusammenhang spielt das Grab als Zeichen eine wichtige Rolle. Über das „Sehen“ des gestalteten Grabes und seiner Symbolsprache werden die Erinnerungen in Gang gesetzt. Oft wird der Verstorbene durch das Zeichen des Grabes von den Trauernden erfühlt. Im Moment des Erinnerns, Öffnens und Fühlens entsteht intuitiv ein Bedürfnis, sich mit dem Verstorbenen auszutauschen, sich in Verbindung zu setzen, ein Lächeln zu schenken, miteinander zu reden, nochmals eine Umarmung zu genießen, einfach noch einmal seine Nähe zu spüren.

Diese Nähe ist natürlich nicht erfüllbar und bleibt unbefriedigt. Aus dem intuitiven Handlungsbedürfnis des Trauernden entstehen Ersatzhandlungen an der Grabstätte, um die gewünschte Nähe herzustellen. Trauergrüße in Form von Blumen und Kränzen, aber auch die Pflege des Grabes sind deutliche Zeichen dieses Bedürfnisses nach Trauerhandlung, in diesem besonderen Moment des Grabbesuches. Wird den Hinterbliebenen diese Möglichkeit, den eigenen Gefühlen durch Trauerhandlungen Ausdruck zu verleihen, genommen oder sogar verboten, ist der wesentliche und wichtigste Nutzen einer Grabstätte nicht mehr gegeben.

(gekürzt aus „Orte, die gut tun“, mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Ernst Strassacker GmbH & Co KG Kunstgießerei, Postfach 1360, 73075 Süßen)